Hinweise zur Waschbärenhaltung
Informationsschrift der oberen Naturschutzbehörde - Nr. 3 / 2022
Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz Referat 33
(Stand: Juli 2022)
Waschbärenhaltung in menschlicher Obhut
Mit der VO (EU) Nr. 1143/2014 vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten (IAS-Verordnung) und der zugeordneten Liste der invasiven gebietsfremden Arten von unionsweiter Bedeutung Unionsliste) wurden u. a. Haltung, Zucht und jegliches Inverkehrbringen bestimmter invasiver Arten verboten. Da die EU-Kommission dem Waschbären schwere negative Auswirkungen auf die heimische Fauna zuschreibt, steht er seit 2016 auf der Unionsliste und unterliegt den genannten Verboten.
Laut des Arten-Steckbriefs entsteht durch den Waschbären eine starke Prädation auf Eier und Jungvögel, Fledermäuse, Fische, Reptilien und Amphibien.
Trotz der Bedrohung durch diese invasive Art steigt die Anzahl der Personen, die einen Waschbären als Heimtier halten wollen.
Der Waschbär kommt in allen 16 Bundesländern wildlebend vor. Da er in Deutschland als weit verbreitete invasive Art eingestuft wird, unterliegt er den sogenannten „Managementmaßnahmen“ (Art. 19 IAS-Verordnung), die abweichend vom Verbot des Artikels 7 IAS-Verordnung eine Haltung von Waschbären unter folgenden Voraussetzungen ermöglichen:
- aufgenommene Tiere müssen unter Verschluss gehalten werden
- Vermehrung durch Kastration oder Sterilisierung wird sicher verhindert
Die Schaffung der Haltungsvoraussetzungen ist durch die Person, die diese Tiere halten möchte, sicherzustellen (und auch zu finanzieren) und nach Aufforderung nachzuweisen.
- Einhaltung der Bestimmungen des § 43 BNatSchG zu beachten
Hinweis:
Ist der Waschbär einmal der Natur entnommen, darf er nicht mehr in die Umwelt freigesetzt werden. Ein Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 69 Abs. 6 BNatSchG dar. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
Aneignung von Waschbären/Entnahme aus der Natur
Gemäß der Ermächtigung in § 2 Abs. 2 BJagdG hat Thüringen in der Thüringer Jagdzeitenverordnung (ThürJZVO) den Waschbären als weitere, dem Jagdrecht unterliegende Tierart festgelegt. Der Waschbär hat keine Schonzeit.
Das Aneignen eines Waschbären aus der freien Natur ohne die Genehmigung der dort jagdausübungsberechtigten Person stellt einen Verstoß gegen das ausschließliche Aneignungsrecht der jagdausübungsberechtigten Person dar und erfüllt den Straftatbestand der Jagdwilderei nach § 292 Strafgesetzbuch (StGB).
Pflichten aus Naturschutzrechtlichen Bestimmungen
Aus § 40b BNatSchG ergibt sich eine Pflicht zum Nachweis der Besitzberechtigung für invasive Arten. Demnach kann sich die Person, die Exemplare einer invasiven Art besitzt oder die tatsächliche Gewalt darüber ausübt, gegenüber der UNB auf eine Berechtigung hierzu nur berufen, wenn sie diese Berechtigung auf Verlangen nachweist.
Kann die Person der Nachweispflicht nicht nachkommen, kann das Tier beschlagnahmt und eingezogen werden. Entstehende Kosten hat der/ der BesitzerIn des Tieres zu tragen.
Tiergehege, in denen Waschbären gehalten werden, sollen so zu errichten und zu betreiben sein, dass:
- bei der Haltung der Tiere den biologischen und den Erhaltungsbedürfnissen der jeweiligen Art Rechnung getragen wird, insbesondere die jeweiligen Gehege nach Lage, Größe und Gestaltung und innerer Einrichtung art- und tiergerecht ausgestaltet sind,
- die Pflege der Tiere auf der Grundlage eines dem Stand der guten veterinärmedizinischen Praxis entsprechenden schriftlichen Programms zur tiermedizinischen Vorbeugung und Behandlung sowie zur Ernährung erfolgt,
- dem Eindringen von Schadorganismen sowie dem Entweichen der Tiere vorgebeugt wird,
- die Vorschriften des Tier- und Artenschutzes beachtet werden,
- weder der Naturhaushalt noch das Landschaftsbild beeinträchtigt werden und
- das Betreten von Wald und Flur sowie der Zugang zu Gewässern nicht in unangemessener Weise eingeschränkt wird.
Zu beachten ist, dass die Errichtung, Erweiterung, wesentliche Änderung und der Betrieb eines Tiergeheges der zuständigen Behörde mindestens einen Monat im Voraus anzuzeigen sind, sofern das Gehege eine Größe von 50 m2 übersteigt (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 ThürNatG). Beachten Sie diesbezüglich das „Anzeigeformular Tiergehege“.
Das Gehege muss hinsichtlich Größe und Ausgestaltung den Anforderungen der Richtwerttabelle entsprechen.
Auch wenn die Waschbärenhaltung nicht in einem Tiergehege erfolgt, sollte die UNB mit dem angehängten Formblatt über eine angehende Waschbärenhaltung informiert werden. So wird ihr eine Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ermöglicht und der tierhaltenden Person Rechtssicherheit. Die Kennzeichnung (durch Chip) des Tieres wird prinzipiell empfohlen.
Beschaffenheit des Geheges
Eine Grundvoraussetzung für die Haltung von Waschbären ist ein ausbruchssicheres Gehege. Wie andere Tiergehege in denen Tiere wildlebender Arten außerhalb von Wohn- und Geschäftsgebäuden gehalten werden, können die unteren Naturschutzbehörden die Gehege daraufhin überprüfen, ob die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden (§ 19 Abs. 2 ThürNatG).
Entspricht das Tiergehege nicht den Anforderungen an die Ausbruchssicherheit, kann die untere Naturschutzbehörde gemäß § 3 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit dem Managementmaßnahmeblatt Waschbär die notwendigen Anordnungen treffen, um den
Ansprüchen gerecht zu werden.
Die Ausbruchssicherheit des Geheges kann auf unterschiedliche Bauweisen erreicht werden. Allerdings sind einige Punkte aufgrund des artspezifischen Wesens unbedingt zu beachten. Um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, werden im Folgenden die Ansprüche an die
Beschaffenheit des Geheges spezifiziert (Rechercheergebnisse von UNB WAK, EF, J):
Größe
30 m2, Höhe 3 m (vgl. Richtwerttabelle Säugetiere) für zwei Tiere, für jedes weitere Tier 2 m2 mehr. Ein Innengehege ist nicht notwendig.
Gehegebegrenzung
Der Zaun ist aus stabilen Holz- oder Metallstreben zu errichten. Wichtig ist ein punktverschweißtes Gitter, da hierdurch eine hohe Stabilität erreicht wird. Empfohlen wird ein Stabgitterzaun, welches durch ein Betonstreifenfundament fixiert wird.
Das Fundament ist frostsicher ca. 60 cm tief zu gründen.
↘ Hinweis: Volierendraht (auch doppelt) ist zu schwach, Maschendraht kann von den Tieren auseinandergezogen werden. Wenn kein Stabgitterzaun verwendet werden kann, ist auf die besondere Straffheit des Zauns zu achten. In das Zaungeflecht eingearbeitet Stahlstäbe stellen die notwendige Stabilität her.
Dach
Da Waschbären sehr gut klettern können, ist in jedem Fall ein Entweichen über den Zaun zu verhindern. Daher ist ein Dach elementar.
Wird auf ein Dach verzichtet, muss ein Überklettern auf andere Weise unmöglich gemacht werden
- glatte Wände/ Oberflächen (z.B. Acrylplatten), die sich dem eigentlichen Zaun nach oben hin anschließen
- abschließend mit E-Litze gesichert
- abschließend durch ein Rohr (siehe Foto) unüberwindbar
- wirksamer Überkletterschutz z.B. einen
- unüberwindbaren Überhang nach Innen (nach unten gerichtete Börderlung)
↘ Hinweis: Auf angrenzende Vegetation achten (mögliche Kletterhilfe)
Untergrabungsschutz
Waschbären haben weiche, empfindliche Pfoten. Sie sind in der Lage Mulden oder Löcher zu graben, sind aber nicht dafür bekannt derartige tiefe Tunnel anzulegen, um einem Gehege zu entkommen. Allerdings können sie sich gut durch Spalten oder Lücken zwängen. Der Zaun ist bodenabschließend zu bauen, mit Anschluss an einen Untergrabungsschutz. Dieser sollte im Idealfall aus dem Betonstreifenfundament bestehen. Wird der Untergrabungsschutz auf andere Weise herbeigeführt, muss er ebenfalls ca. 60 cm tief in den Boden eingelassen sein.
↘ Hinweis:
- Eingraben vom Gitter vermeiden, da Gefahr der Korrosion besteht.
- Holzpalisaden (auch kesseldruckimprägniert) als Fundament sind zu anfällig für Fäule
Wenn der Untergrabungsschutz anders hergestellt wird, ist auf die Anbindung des Zauns an den Untergrabungsschutz zu achten. Es dürfen keine Spalten entstehen, durch die der Waschbär entkommen kann.
Untergrund
Anzustreben ist naturbelassener (gewachsener) Boden.
↘ Hinweis: Ein massiver Betonuntergrund oder ein Untergrund aus Betonpflaster mit Austauschsubstrat ist in Verbindung mit der reduzierten Wasserdurchlässigkeit aufgrund der ätzenden Exkremente nicht geeignet.
Ein/Ausgang:
Dem eigentlichen Eingang zum Gehege ist eine Schleuse vorzuschalten. Diese muss ein Dach haben, damit die Tiere nicht von oben in die Schleuse gelangen können. Die Tür zum Gehege ist mit einem Vorhängeschloss zu sichern, da Tiere intelligent sind und Verriegelungsmechanismen kein Hindernis darstellen.
Generelles
Informationen über die Größe und Ausgestaltung des Geheges befinden sich in der Richtwerttabelle.
Empfehlung: Um den Zustand des Geheges zu jeder Zeit kontrollieren zu können und eine Ausbruchssicherheit überhaupt bewerten zu können, ist der Bereich (vor allem von Vegetation) freizuhalten. Dies kann beispielsweise durch das Verlegen von Rasenkantensteinen erreicht werden.
Kontakt
Bau und Umwelt
Untere Naturschutzbehörde
Behringstraße 3
99734 Nordhausen
Telefon: 03631 911-5555/-5583
E-Mail: naturschutz-dienst@lrandh.thueringen.de