Handlungsleitfaden für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer
Was versteht man unter einer rechtlichen Betreuung
Sie ist ein Rechtsinstrument zur Unterstützung von Erwachsenen, welche aufgrund von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht selber besorgen können.
Nach aktuellem Rechtsstand ist zu beachten, dass der Betreute in seinen Angelegenheiten nicht entmündigt wird. Er wird bestärkt, persönliche Angelegenheiten selbst zu regeln oder sie zu erlernen.
So viel Hilfe wie nötig, so wenig Hilfe wie möglich - Hilfe zur Selbsthilfe!
- Ist die zu betreuende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage eine Willenserklärung abzugeben, muss ein Anregung durch Dritte beim Betreuungsgereicht erfolgen
- mit Einverständnis der zu Betreuenden Person besteht die Möglichkeit, im Beisein eines Mitarbeiters, der Betreuungsbehörde einen Antrag auf Betreuung zu stellen
- Antrag geht bei Gericht ein.
- Betreuungsgericht ermittelt Notwendigkeit und Umfang des betreuungsrechtlichen Hilfebedarfs.
- Die Betreuungsbehörde wird durch das Gericht mit der Erstellung eines Sozialbericht beauftragt. Dieser erörtert den tatsächlichen Bedarf und die Wünsche des Betroffenen.
- Zur weiteren Bedarfsermittlung gehört auch eine Ärztliche Stellungnahme, welche vom Fach- oder Hausarzt des Betroffenen ausgestellt wird. Diese kann entweder vom Gericht eingeholt werden oder vom Betroffenen selbst erbracht werden.
- Das gerichtliche Verfahren beinhaltet auch eine persönliche Anhörung des Betroffenen.
- Kann sich der Betreute nicht selbst äußern, wird ein Verfahrenspfleger bestellt.
- Die Anordnung einer Betreuung wird mit der Zustellung des Beschlusses rechtskräftig.
In Ausnahmen gilt folgendes:
- Im Rahmen einer medizinischen Notsituation wird eine sofortige Entscheidung, ohne vorheriges Prüfen erlassen (einstweilige Anordnung)
- Ehegattennotvertretungsgesrecht (§1358 BGB)
- Beides ist 6 Monate gültig
- gemäß § 21 BtOG Voraussetzung für eine ehrenamtliche Tätigkeit
- Führungszeugnis: kostenfrei mit Beleg der Betreuungsbehörde bei der Stadt zu beantragen
- Schuldnerauskunft: kann kostenfrei beim Vollstreckungsportal beantragt werden
- Der Betreuer erhält eine Urkunde, die ihm als Ausweis dient
- Sie sollte zusammen mit dem Personalausweis verwendet werden
- Sie kann ausschließlich durch das Gericht ausgehändigt werden
- Der Betreuer ist damit berechtigt und verpflichtet, den betreuten Menschen im Rahmen des Aufgabenkreises gesetzlich zu vertreten
- Verpflichtungsgespräch beim ortsansässigen Amtsgericht durch Rechtspfleger, in dem über Rechte und Pflichten des Betreuers aufgeklärt wird
- gesetzlicher Vertreter der Interessen des Betreuten im Rahmen des gerichtlichen Aufgabenkreises
- hierbei hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten zu berücksichtigen
Betreuungsgericht:
- Vermögensverzeichnis: einmalig notwendig zu Beginn der Betreuung
- Rechnungslegung: Einnahmen und Ausgaben des Betreuten sind durch Kontoauszüge zu belegen, wird Jährlich abgefordert, Angehörige 1. Grades können einen Befreiung der Rechnungslegung beantragen
- Jahresbericht: einmal jährlich wird dieser vom Gericht abgefordert, beinhaltet persönliche Verhältnisse
- Anfangsbericht: soll über die aktuellen persönlichen Verhältnisse aufklären, Inhalte sind die Ausgangssituation, Ziele der Betreuung, mögliche Maßnahmen, Wünsche des Betreuten (Familienangehörige oder Betreuer mit einer persönlichen Verbindung zum Betreuten sind von der Auflage einen Anfangsbericht einzureichen befreit)
- Schlussrechnung: eine Schlussrechnung nach Beendigung der Betreuung ist in jedem Fall erforderlich
- Aktenführung in Papierform und/oder elektronisch
- am besten in einem Büroordner
- Aktenvorblatt mit allen wichtigen Stammdaten
- Ordner wird nach Aufgabenbereichen abgegrenzt
- besonders im Bereich Vermögenssorge ist eine detaillierte Auflistung der Ein-und Ausgaben notwendig (Quittungen sammeln)
Für ehrenamtliche Betreuer stehen kostenfreie Computerprogramme zur Verfügung.
Die Aufgabenbereiche der Betreuten orientieren sich an dem festgestellten Bedarf des Betroffenen im Einzelfall.
Aufgabenkreise:
Gesundheitssorge
- Einwilligung in Untersuchungen, Heilmaßnahmen und Operationen
- Einverständnis zur Verabreichung von Medikamenten
- Regelungen bei einer Krankenhauseinweisung
- Schweigepflichtsentbindung gegenüber der Ärzten
Behördenangelegenheiten
- Vertretung vor verschiedenen Institutionen (z.B. Sozialamt, Jobcenter, Rentenkasse usw.)
- Versicherungsträger (z.B. Krankenkassen)
Postangelegenheiten
- Entgegennehmen, Öffnen und Anhalten der Post
- Entscheidung über Fernmeldeverkehr (Mails, Telefon)
Vermögenssorge
- Vermögensverwaltung zur Sicherung der Lebenshaltung
- Geltendmachung von Zahlungsansprüchen des Betreuten (z.B. Sozialleistungen aller Art wie Arbeitslosengeld I oder II, Sozialhilfe, Grundsicherung, Renten aller Art,
- Schutz der Vermögenswerte des Betreuten gegen den Zugriff Dritter
- Verwaltung von Haus- und Grundeigentum
- Regelung eventueller Schulden
- Einwilligungsvorbehalt (§1825 BGB), Einwilligung des Betreuers bei Rechtsgeschäften im Bereich Vermögen und beim Abschluss von Verträgen
Aufenthaltsbestimmungsrecht
- nur, wenn der Klient seinen Aufenthalt nicht selbst bestimmen kann
- Umzug in eine andere Wohnform (z.B. Pflegeheim)
- beantragen freiheitsentziehender Maßnahmen
- beantragen freiheitsentziehender Unterbringung
Was ist eine freiheitsentziehende Unterbringung und wann beantrage ich sie?
- die Unterbringung einer betreuten Person in eine geschlossene Abteilung, in einer Heimeinrichtung oder eines Krankenhauses, gegen ihren Willen.
Dies wird erforderlich, wenn:
- aufgrund einer psychischen Erkrankung oder geistigen, seelischen Behinderung die Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Selbstschädigung oder eines Suizids besteht (§ 1831 Abs. 1 Nr.1 BGB) oder
- eine medizinische Untersuchung oder Maßnahme zur Abwendung einer drohenden gesundheitlichen Schädigung notwendig ist und die betreute Person aufgrund einer psychischen Erkrankung oder geistigen, seelischen Behinderung diese Notwendigkeit nicht erkennen oder nach dieser Einsicht handeln kann (§ 1831 Abs. 1Nr.2 BGB).
In diesem Fall sind neben dem Aufgabenbereich Unterbringung auch die Aufgabenbereiche Gesundheitssorge und der Aufgabenbereich Aufenthaltsbestimmung erforderlich (§ 1815 Abs2 Nr. 1).
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM):
- Anbringen mechanischer Vorrichtungen z.B. Bettgitter
- Fixierung
- Verabreichung bestimmter Medikamente, wie z.B. Schlaf-und Beruhigungsmittel, sedierende Wirkung
- abschließen des Zimmers
- mit Einverständnis des Betroffenen: setzt voraus, dass der Betroffene Art, Tragweite und Bedeutung der Schutzmaßnahme versteht
- gegen den Willen des Betroffenen: sind immer das letzte Mittel und müssen vom Betreuer beim Gericht beantragt werden, das Gericht muss vor seiner Entscheidung ein ärztliches Gutachten einholen und die betroffene Person anhören
FEM im Rahmen eines Betreuungsverfahrens beziehen sich auf die Selbstgefährdung des Betreuten.
Wohnungsangelegenheiten
- Mietvertragsregelungen
- Mietzahlungen
- Wohngeldansprüche geltend machen
- Mietvertrag kündigen und Wohnungsauflösung organisieren (gerichtliche Genehmigung erforderlich)
Wichtig ist, dass es auch Aufgabenkreise gibt, die eine gerichtliche Genehmigung benötigen, z.B.:
- Beantragen freiheitsentziehender Maßnahmen
- Beantragen freiheitsentziehender Unterbringung
- Sterilisation
- Kündigung der Wohnung
- weitere genehmigungspflichtige Aufgabenkreise sind im Gesetz definiert § 1829 BGB
Aufgabenkreise können zu jeder Zeit, orientiert am Bedarf und den Wünschen des Betreuten, erweitert oder eingeschränkt werden. Hierzu benötigt der Betreuer die Zustimmung des Gerichts.
Amtsgericht Nordhausen
Leitung des Betreuungsverfahrens von der Anregung bis zum Beschluss. Ansprechpartner und Überprüfungsstelle für Betreuer und deren Aufgaben und Pflichten
Landratsamt Nordhausen
Sozialpsychiatrischer Dienst
Beratung und Begleitung psychisch erkrankter Personen und deren Angehörige sowie die Unterstützung in psychosozialen Belastungssituationen. Vermittlung von ambulanten und stationären Behandlungsangeboten und der dazugehörigen Vor- und Nachsorge.
Landratsamt Nordhausen
Pflegestützpunkt
Informationen und Beratungsangebote zu bestehenden Hilfs- und Unterstützungsangeboten im Alter, sowie verschiedenen Wohnformen. Fragen im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit Angebot richtet sich sowohl an die Betroffenen als auch an die Angehörigen
Landratsamt Nordhausen
AGATHE - Älter werden in der Gemeinschaft
Hilfsprojekt, Sicherung der Teilhabe von älteren Menschen an der Gesellschaft
Landratsamt Nordhausen
Eingliederungshilfe
Rechtsgrundlage bildet das SGB IX
Leistungsansprüche für Menschen mit Behinderung, welche zu einer Selbstbestimmten Lebensführung beitragen
Horizont e.V.
verschiedene Teilhabe Projekte sowie die Vermittlung auf den Arbeitsmarkt
Die Brücke e.V.
stationäre, teilstationäre und ambulante Angebote für Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder in Belastenden Lebenssituationen, Menschen mit Beeinträchtigungen oder einer Suchtmittelabhängigkeit
Suchtberatung
Unterstützung und Beratung für Suchterkranke und deren Angehörige durch Einzelgespräche und Selbsthilfegruppen, Tagesgruppen und Betreutes Wohnen. Die Suchtberatung Unterstützt weiterhin bei der Suche eines Therapieplatzes, Eingliederung in eine Selbsthilfegruppe oder ähnliche Hilfsangebote, sowie Vorbereitung bei einer anstehenden MPU usw.
Familienzentrum Nordhausen
verfügt über ein breites Spektrum an Hilfs- und Beratungsangeboten für Familien, Kinder, Jugendliche und Schwangeren
Caritas
bieten Hilfsangebote im Bereich Sozialberatung( Antragstellung, Ausfüllen von Anträgen etc.), häusliche Gewalt, Kurantragstellung, Tauschbörse ( Sachen für Kinder und Jugendliche sowie Zubehör)
Nordhäuser Tafel e.V.
Lebensmittelversorgung
Schrankenlos e.V.
Sozialberatung mit dem Schwerpunkt Migration
Hospizverein
Beratung zu Patientenverfügung, Trauer- und Sterbebegleitung
Stadt Nordhausen
Sozialarbeiter, Unterstützung bei drohender Wohnungslosigkeit
AWO Schuldnerberatung
Unterstützung bei Schuldenregulierung und Begleitung Insolvenzverfahren
Nordthüringer Lebenshilfe
Träger der Werkstatt für Behinderte und diverse andere Beratungs- und Unterstützungsangebote, z.B. Familienentlastender Dienst, Beratungsstelle, Frühförderstelle und ambulant betreutes Wohnen
FAQ - häufig gestellte Fragen und Antworten
Ja, die Betreuung endet mit dem Tod oder wenn sie durch das Gericht aufgehoben wird.
Wichtig!
Stirbt eine Betreute Person, werden alle Rechten und Pflichten auf die Erben übergehen. Die Totenfürsorge liegt bei den Angehörigen.
Ohne weitere Erklärung ihrerseits sind sie nach der Bestellung für ihre Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer haftpflichtversichert. Der Versicherungsschutz liegt beim Thüringer Justizministerium.
Ja, die Betreuung endet mit dem Tod oder wenn sie durch das Gericht aufgehoben wird.
Wichtig!
Stirbt eine Betreute Person, werden alle Rechten und Pflichten auf die Erben übergehen. Die Totenfürsorge liegt bei den Angehörigen.
Ehrenamtlicher Betreuer müssen eine Vertretung beauftragen oder im Betreuerbeschluss einen Verhinderungsbetreuer bestellen.
Für Rechtshandlungen des betreuten haftet der ehrenamtliche Betreuer nicht. (z.B. Kontoüberziehung, Verträge abschließen). Haftbar ist der Betreuer nur für Schäden, die er dem Betreuten versursacht hat
Weitere Infos zum Betreuungsrecht
Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz - Betreuungsrecht
Kontakt
Landratsamt Nordhausen
Fachbereich Gesundheitswesen
Fachgebiet Betreuungsbehörde
Behringstraße 3
99734 Nordhausen
Tel.: 03631 911-5503
Fax: 03631 911-5449
E-Mail: betreuung@lrandh.thueringen.de