Wenn Schulverweigerung zum Hilferuf wird

Unter dem Titel „Schulabsentismus als Ausdruck schulischer und psychosozialer Belastungen“haben sich jetzt Fachleute aus der Region im Südharz Klinikum Nordhausen zum diesjährigenmedizinischen Kinderschutzfachtag getroffen. Die interdisziplinär angelegte Veranstaltung rückte ein Thema in den Mittelpunkt, das zunehmend präsent ist: die Schulverweigerung. Kinder und Jugendliche, die dem Unterricht fernbleiben, sind häufig mit komplexen Belastungen konfrontiert. Schulabsentismus ist selten Ausdruck von Gleichgültigkeit oder Unlust, sondern vielmehr ein Signal für tieferliegende Probleme – etwa familiäre Spannungen, psychosoziale Überforderung, psychische Erkrankungen oder Mobbing-Erfahrungen.

Im Verlauf des Fachtages wurden verschiedene Ursachen, Erscheinungsformen und Handlungsmöglichkeiten beleuchtet. Fachliche Beiträge von den beiden Dipl.-Psychologinnen Antje Reuter und Simone Hasselbach von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) gaben Einblicke in die psychischen Hintergründe von Schulverweigerung und die Bedeutung von Trennungsängsten und Lernstörungen. Die besonderen Anforderungen beim Übergang von der Frühförderung in die Schule erläuterte Heilpädagogin Maria Barheine-Bouregua (B.A.) von der Hochschule Nordhausen, während Mobbing als komplexe Herausforderung von Sozialpädagogin Marianne Gerber (M.A.) vom Familienzentrum behandelt wurde.

Auch praxisnahe Ansätze fanden Beachtung: Dipl.-Pädagogin Manuela Andrzejak vom Sondershäuser Bildungsvereins e.V. stellte das Projekt „Getting back on track“ vor. Das Programm unterstützt seit Anfang 2024 Jugendliche im Landkreis Nordhausen dabei, nach längerer Schuldistanz wieder Anschluss an den Schulalltag zu finden und ihren Schulabschluss zu erwerben. Am Ende des Tages wurde deutlich, dass frühzeitige Präventionsarbeit eine zentrale Rolle spielt, um Risikofaktoren rechtzeitig zu erkennen und Kinder sowie Familien wirksam zu unterstützen. Durch eine enge Zusammenarbeit von Schule, Eltern, Jugendhilfe und medizinisch-psychosozialen Fachkräften können Belastungen frühzeitig aufgefangen und langfristige Schulverweigerung verhindert werden.

Die Veranstaltung wurde von Christin John, der Netzwerkkoordinatorin für Kinderschutz des Landratsamtes Nordhausen, in Kooperation mit dem Südharz Klinikum organisiert. Die wissenschaftliche Leitung lag bei Dr. med. Anne-K. Wagner vom Gesundheitsamt Nordhausen. Ein besonderer Dank gilt den Netzwerkakteuren der Caritas Interventionsstelle, dem Familienzentrum, der Frühförderstelle, dem Landratsamt Nordhausen mit den Fachgebieten Jugendpflege und Jugendhilfe, dem Schattenkinder e.V., dem Schulpsychologischen Dienst, dem Sondershäuser Bildungsverein e.V., der Suchtberatung der Diakonie sowie dem VHS-Bildungswerk für die Ausstellung ihrer vielfältigen Angebote. Der traditionelle medizinische Kinderschutzfachtag findet seit 2017 alle zwei Jahre im Südharz Klinikum statt. In diesem Jahr begrüßte Prof. Dr. med. Philip Heiser, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters (KJP), rund 200 Gäste und führte in das Thema ein.

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